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Arbeitszeit etc.

Unter welchen Voraussetzungen muss der Arbeitgeber Lohn bezahlen?

Grundsätzlich gilt der Satz ,,Ohne Arbeit kein Lohn‘‘.
Der Arbeitnehmer muss also seine Arbeit verrichten, um Anspruch auf seinen Lohn zu haben.
Von diesem Grundsatz gibt es einige Ausnahmen:

  1. Krankheit des Arbeitnehmers: Kann der Arbeitnehmer, weil er krank ist, seine Arbeitsleistung nicht erbringen, hat er einen Anspruch auf Lohn gegen seinen Arbeitgeber bis zu einer Dauer von sechs Wochen.
  2. Persönliche Leistungsverhinderung durch den Arbeitnehmer: Wird der Arbeitnehmer durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert, bleibt der Anspruch auf Lohn bestehen. z.B.: * Geburt eines Kindes * Eheschließung * Tod oder schwere Krankheit naher Angehöriger * Hochzeit des Arbeitnehmers * Notwendige Pflege eines erkrankten Kindes
  3. Urlaub/Feiertage: z.B.: * Mutterschutzlohn für Frauen die wegen eines Beschäftigungsverbots außerhalb der Schutzfristen vor oder nach der Entbindung teilweise oder gar nicht beschäftigt werden dürfen. * Bezahlter Erholungsurlaub * Anspruch auf Lohn bei gesetzlichen Feiertagen
  4. Unmöglichkeit von Arbeitgeber zu vertreten: Kann der Arbeitnehmer aufgrund von Handlungen des Arbeitgebers seiner Arbeit nicht nachkommen, dann ist der Arbeitgeber zur Lohnzahlung verpflichtet. Die verpasste Arbeit muss der Arbeitnehmer nicht nachholen.
  5. Annahmeverzug des Arbeitgebers: Nimmt der Arbeitgeber die vom Arbeitnehmer zu erbringende Arbeit nicht zum vereinbarten Zeitpunkt an, muss der Arbeitgeber trotzdem den Lohn zahlen. z.B.: Die Sekretärin des A fängt vereinbarungsgemäß jeden Morgen um 7 Uhr mit ihrer Arbeit an. A hat jedoch die Schlösser seines Betriebs aus Sicherheitsgründen ausgetauscht und vergessen seiner Sekretärin einen neuen Schlüssel zu geben. Am nächsten Morgen kommt diese nicht in den Betrieb und muss bis 8 Uhr warten, bis A kommt und ihr aufschließt. In der Zeit von 7-8 Uhr muss A trotzdem Lohn zahlen.
  6. Betriebsrisiko beim Arbeitgeber: Liegt im Betrieb des Arbeitgebers eine wirtschaftliche oder technische Störung vor, die weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer zu vertreten haben und ist der Arbeitnehmer trotz der Störung bereit und fähig seine Arbeitsleistung zu erbringen, bleibt der Lohnanspruch bestehen.

z.B.:

  • Arbeitgeber A (Besitzer einer Bar) schickt seine Mitarbeiter 1,5 Stunden früher nach Hause, weil ,,heute nichts mehr zutun ist‘‘. Diese wollen dennoch vollen Lohn. Die Arbeit ist zwar technisch noch möglich, aus wirtschaftlichen Gründen aber nicht sinnvoll. Aber der Arbeitgeber trägt das Risiko, seine Arbeitnehmer gewinnbringend einzusetzen. A muss für die 1.5 Stunden Lohn zahlen.
  • Arbeitgeber A (Besitzer einer Bar) schickt seine Mitarbeiter 1,5 Stunden früher nach Hause, weil wegen eines Kabelbrandes der Betrieb nicht fortgeführt werden kann. Hier gilt das oben gesagte. Die Gründe für die Betriebsstörung (Kabelbrand) liegt in der betrieblichen Sphäre des A. Auch hier haben die Mitarbeiter Anspruch auf Lohn für die 1,5 Stunden.Rückausnahme: Ein Anspruch auf Lohn besteht jedoch nicht:
    • Wenn es eine Sonderregel im Tarifvertrag gibt/eine anderslautende Betriebsvereinbarung existiert
    • Wenn der Betrieb in seiner Existenz bedroht ist
  • Bei Arbeitskampfrisiko •Betriebsstörung als Folge eines Arbeitskampfes (=Betriebsstörung beruht auf einem Streik anderer Arbeitnehmer des Betriebs)

    Steht mir Lohn für Rufbereitschaft zu?

    Bei der Rufbereitschaft muss der Arbeitnehmer nicht am Arbeitsort anwesend sein. Er darf sich in der eigenen Wohnung oder an einem anderen – dem Arbeitgeber dann meist bekanntzugebenden Ort – aufhalten.
    Auf Anforderung des Arbeitgebers muss der Arbeitnehmer seine Arbeitstätigkeit direkt aufnehmen und hierzu die Betriebsstätte oder einen anderen vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufsuchen.

    Rufbereitschaft kann insgesamt als Arbeitszeit zählen und demnach komplett zu vergüten sein.
    Ob dem Arbeitnehmer eine Vergütung zusteht, ist immer am Einzelfall zu beurteilen.
    Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer durch die Rufbereitschaft so sehr in Anspruch genommen wird, dass er auch während der inaktiven Zeiten so angespannt ist, dass diese Zeit als Arbeitsleistung angesehen werden muss.

    Wird der Arbeitnehmer durch die Rufbereitschaft so sehr an der Verfolgung seiner persönlichen und sozialen Interessen gehindert, dass sich die Situation letztlich kaum von einer Anwesenheit in Betrieb unterscheidet, dann zählt die Rufbereitschaft als Arbeitszeit.
    Entscheidend ist demnach die Qualität der verbrachten ,,Freizeit‘‘.
    Demnach ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen.

    Indiz für Arbeitszeit:

    • wenn der Arbeitgeber ein extrem kurzes Zeitfenster für den Dienstantritt vorgibt. z.B.: Arbeitgeber A gibt Arbeitnehmer N während seiner Rufbereitschaft vor, dass er sich innerhalb von 5 Minuten am Arbeitsplatz einfinden muss.
    • geringe Intensität mit der sich der Arbeitnehmer während der inaktiven Zeit seinen eigenen Interessen widmen kann + hohe Wahrscheinlichkeit, dass er zur Arbeitsleistung herangezogen wird. z.B.: IT-Spezialist der während seiner inaktiven Zeit zwar zuhause ist aber im Stundentakt kontaktiert wird
    • wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nur dann wieder rechtzeitig antreten kann, wenn er sich zu Hause in seiner Dienstkleidung aufhält.

    Das Bundesarbeitsgericht hat bereits mehrfach entschieden, dass eine Regelung im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag im Hinblick auf Dienste der Rufbereitschaft nur dann greift, wenn der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort während der Rufbereitschaft selber bestimmen kann und nur sicherstellen muss, dass er innerhalb einer angemessenen Zeit seine Arbeit antreten kann.
    Angemessen ist dabei eine Zeit von 45 Minuten.
    Unangemessen ist eine Zeit von 10-20 Minuten.

    Steht mir Lohn für Bereitschaftsdienst zu?

    Bereitschaftsdienst liegt vor, wenn der Arbeitnehmer sich an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten muss, um bei Bedarf seine Arbeit so schnellstmöglich aufzunehmen.
    Entscheidend ist dabei, dass der Arbeitnehmer seine Tätigkeit unverzüglich aufnehmen kann.

    Abgrenzung Bereitschaftsdienst/Rufbereitschaft:
    Bei der Rufbereitschaft handelt es sich um Ruhezeit (welche im Einzelfall vergütet werden kann).
    Hier kann der Arbeitnehmer (im Gegensatz zum Bereitschaftsdienst) seinen Aufenthaltsort selber bestimmen.
    Er muss (wie auch beim Bereitschaftsdienst) ständig erreichbar sein.
    Bereitschaftsdienst zählt als Arbeitszeit und ist vergütungspflichtig.

    Ob Bereitschaftsdient oder Rufbereitschaft vorliegt, wird nach den konkreten Umständen des Einzelfalls entschieden und nicht danach, was im Arbeitsvertrag hinterlegt ist.
    Je höher die Einschränkung für den Arbeitnehmer ist, seine arbeitsfreie Zeit selbst zu gestalten, desto eher ist von Bereitschaftsdienst auszugehen.

    Vergütung:
    Bereitschaftsdienst zählt als Arbeitszeit und ist zu vergüten.
    Dies gilt ab Beginn bis zum Ende des Bereitschaftsdienstes (ohne Ruhepausen).
    Eine Pause liegt jedoch nur vor, wenn der Arbeitnehmer seine Pausenzeit frei gestalten kann.

    Ob eine Pause vorliegt oder nicht, ist anhand von folgenden Kriterien abzuwägen:

    • Wie schnell muss der Arbeitgeber nach Abruf die Arbeit aufnehmen?
    • Wie häufig erfolgt die Arbeitsaufnahme?
    • Liegt eine Daueralarmbereitschaft vor, weil es andauernd zu unvorhersehbaren Unterbrechungen der Ruhepausen kommt?

    Kann der Arbeitnehmer nicht (bei einer selbst gewählten Freizeitaktivität) entspannen, weil die Bereitschaft ihn daran hindert, ist die Pause als Arbeitszeit einzuordnen.

    Bezahlung des Bereitschaftsdienstes:
    Bereitschaftsdienst gilt zwar als Arbeitszeit, muss aber nicht in der selben Höhe vergütet werden.
    In der Regel ergeht der Bereitschaftsdienst mit einer geringeren Bezahlung
    Jedoch darf dabei der Mindestlohn nicht unterschritten werden.

    Welche Ruhezeiten gelten?

    Der Arbeitnehmer muss nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden haben.
    Daran hat auch der Arbeitgeber sich zu halten.

    Dies gilt auch für Arbeitnehmer die Bereitschaftsdienst hatten. Selbst dann, wenn es während des Bereitschaftsdiensts zu keinem Einsatz gekommen ist.

    Laut Gesetz gilt:
    Die Ruhezeit kann um bis zu eine Stunde verkürzt werden, wenn jede Verkürzung der Ruhezeit innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit auf mindestens zwölf Stunden ausgeglichen wird.

    Diese Verkürzung gilt für:

    • Krankenhäusern
    • Andere Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen
    • Gaststätten
    • Andere Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung
    • Verkehrsbetriebe
    • Rundfunk
    • Landwirtschaft
    • Tierhaltung

    Außerdem gilt:
    In Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen können Kürzungen der Ruhezeit durch Inanspruchnahmen während der Rufbereitschaft, die nicht mehr als die Hälfte der Ruhezeit betragen, zu anderen Zeiten ausgeglichen werden.

    Abweichungen sind möglich:

    • Durch Tarifvertrag kann die Ruhezeit um zwei Stunden gekürzt werden. Dabei muss aber ein entsprechender Freizeitausgleich bestehen.
    • Der Arbeitnehmer kann eine sogenannte Opt-out-Erklärung abgeben und damit freiwillig auf ihm zustehende Ruhezeit verzichten.

    Verkürzung der Ruhezeit bei Rufbereitschaft:

    • In Kranken- sowie Pflegeeinrichtungen kann die Ruhezeit bei Rufbereitschaft auf maximal 5 Stunden (ununterbrochen!) gekürzt werden.
    • Tarifvertraglich kann die Ruhezeit ebenfalls verkürzt werden, soweit ein entsprechender Freizeitausgleich gewährt wird.

    Verlängert sich die Arbeitszeit auf mehr als 12 Stunden muss jedoch zwingend die Ruhezeit von 11 Stunden direkt nach Beenden der Schicht eingehalten werden.

    Was passiert, wenn ich am nächsten Tag aufgrund meiner Ruhezeit später anfange zu arbeiten, wird die Arbeitszeit vorher bezahlt?

    Grundsätzlich gilt, dass Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit gilt.
    Somit müssen Arbeitszeiten aus einem Bereitschaftsdienst bei der Berechnung der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit einberechnet werden.


    Unbeachtlich ist, wie viel Arbeit während des Bereitschaftsdienstes tatsächlich verrichtet wurde.
    Wichtig ist, dass die ununterbrochene Ruhezeit von 11 Stunden eingehalten werden muss (soweit es keine anderweitige Regelung gibt).

    Kann also aufgrund von Ruhezeiten Minusstunden eintreten?

    Grundsätzliches:

    • Minusstunden fallen an, wenn ein Arbeitnehmer weniger als vertraglich vereinbart arbeitet.
    • Minusstunden können nur angerechnet werden, wenn der Arbeitnehmer selbstverantwortlich für die Minderarbeit ist.
      z.B.:
      • Verspäteter Arbeitsbeginn
      • Überziehen der Mittagspause
      • Vorgezogener Feierabend
      • Private Erledigungen während der Arbeitszeit
    • Um Minusstunden zu bekommen, muss in der Firma ein Arbeitszeitkonto geführt werden.
      (Bei sog. Vertrauensarbeit gleicht der Arbeitnehmer eine längere Pause oder ein früheren Feierabend selbstständig aus, indem er an einem anderen Tag länger arbeitet.)
    • Minusstunden können nur abgebaut werden, indem sie nachgearbeitet werden.
    • Wegen Krankheit, Urlaub & Feiertagen dürfen keine Minusstunden erhoben werden.
    • Der Arbeitnehmer bekommt (grundsätzlich) sein reguläres Gehalt und muss die Minusstunden dann ‘‘umsonst‘‘ (wurden ja schon bezahlt) nacharbeiten.

    Ruhezeiten sind jedoch gesetzlich geregelt und weder vom Arbeitgeber noch vom Arbeitnehmer verschuldet.
    Beide müssen sich an die gesetzlichen Ruhezeiten halten.